Zivilrecht - 19. Juni 2024

OLG Dresden entscheidet über Musterfeststellungsklagen zu Zinsanpassungen bei Prämiensparverträgen der Kreissparkasse Bautzen und der Sparkasse Meißen

OLG Dresden, Pressemitteilung vom 19.06.2024 zu den Urteilen 5 MK 1/21 und 5 MK 3/20 vom 19.06.2024

Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat heute zwei Urteile in Musterfeststellungsverfahren der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. gegen die Kreissparkasse Bautzen und die Sparkasse Meißen verkündet.

1. In dem Verfahren gegen die Kreissparkasse Bautzen hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass in den Prämiensparverträgen keine wirksamen Zinsanpassungsregelungen verwendet wurden. Es besteht daher grundsätzlich ein Anspruch der Sparer auf Zinsanpassungen. Hierzu hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die Sparkasse verpflichtet ist, die Zinsanpassung für Prämiensparverträge auf der Grundlage der langfristigen Zinsreihe der Deutschen Bundesbank für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 8- bis 15-jähriger Restlaufzeit vorzunehmen.

In dem Musterfeststellungsverfahren ging es um die Frage, wie variable Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen für Verbraucher in transparenter Form vorzunehmen sind. Vertragliche Regelungen, die allein auf Aushänge in den Kassenräumen verweisen, sind nicht wirksam. Die Verbraucherzentrale hat die Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Zinsnachberechnung bei formularmäßigen Prämiensparverträgen der Sparkasse begehrt, die Sparern seit Mitte der 1990er-Jahre angeboten wurden.

Die Zinsberechnung muss sich an einer langfristigen Zinsreihe für Bundeswertpapiere orientieren. Das Oberlandesgericht hat im Wege ergänzender Vertragsauslegung festgestellt, dass die Zinsberechnung auf der Grundlage der Zinsreihe der Deutschen Bundesbank der „Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Börsennotierte Bundeswertpapiere/ RLZ von über 8 bis 15 Jahren/Monatswerte“ (derzeitige Kennung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR.S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A., vormals WU 9554) stattzufinden hat. Die Vornahme dieser Zinsanpassung habe unter Wahrung des relativen Abstandes zwischen dem im jeweiligen Vertrag bezifferten Zinssatz und dem Referenzzinssatz monatlich zu erfolgen.

Die Verbraucheransprüche entstehen erst mit Beendigung des Prämiensparvertrags. Der Beginn der Verjährungsfrist fällt damit auf den Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Prämiensparvertrags, so das Oberlandesgericht weiter.

2. In dem weiteren Verfahren gegen die Sparkasse Meißen hatte der 5. Zivilsenat, nachdem andere Streitpunkte bereits durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. April 2023 (Az. XI ZR 225/21) geklärt wurden, nur noch über die Auswahl der bei der Zinsanpassung anzuwenden Zinsreihe zu entscheiden. Auch hier hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die Zinsreihe der Deutschen Bundesbank der „Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Börsennotierte Bundeswertpapiere/ RLZ von über 8 bis 15 Jahren/Monatswerte“ heranzuziehen ist.

3. Gegen beide Urteile ist die Revision zum Bundesgerichtshof statthaft.

Die Entscheidungen des 5. Zivilsenats vom 19. Juni 2024 werden im Volltext im öffentlichen Klageregister für Musterfeststellungsklagen beim Bundesamt für Justiz veröffentlicht.

Anerkenntnis- und Endurteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Juni 2024, Az. 5 MK 1/21 (Kreissparkasse Bautzen)

Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Juni 2024, Az. 5 MK 3/20 (Sparkasse Meißen)

Quelle: Oberlandesgericht Dresden