Die DATEV weist Kanzleien auf die Notwendigkeit der Veränderung hin, um konkurrenzfähig zu bleiben. Aber auch die Genossenschaft selbst hat Entwicklungsprozesse geändert.
Agile Software-Entwicklung
Im Mittelpunkt aller Veränderungen in der Programmentwicklung steht Agilität. Agile Entwicklung hat zwei Dimensionen: die Umsetzungsebene und die Haltungsebene. Bei der Umsetzungsebene gibt es verschiedene Ansätze, wie agile Entwicklung organisiert wird, sie nennen sich auf der Teamebene beispielsweise Scrum oder Kanban. Wichtiger ist aber die Haltungsebene, das Mindset also, das der Kernpunkt jeder agilen Entwicklung ist. Im Mittelpunkt steht dabei weiterhin immer der Kunde. Alle Prozesse, Vorgehensweisen und Veränderungen sind auf den Kunden gemünzt und werden konsequent aus Kundenperspektive gedacht. „Agile Entwicklung ermöglicht es uns, kurzfristiger und kundenzentrierter Lösungen für unsere Mitglieder zu schaffen. Bei uns in der Entwicklung fassen wir alle agilen Prozesse unter dem Leitsatz ‚Regelmäßig Wert liefern‘ zusammen“, beschreibt Matthias Nitsche, Leiter der Entwicklung Kanzleimanagement und Kundenprozesse, die Grundgedanken zur Agilität bei DATEV.
Die schrittweise Umstellung der Software-Entwicklung auf agile Methoden ist nicht nur mittlerweile Industriestandard, sondern bringt sowohl für die Genossenschaft als auch für ihre Mitglieder zahlreiche Vorteile mit sich. „Mit agilen Methoden können wir in erster Linie schneller und transparenter auf Kundenwünsche und
Bedingt durch die Umstellung der Software-Entwicklung auf agile Methoden, entwickeln sich weitere Abläufe weiter, die direkt die Kunden betreffen. Neben den umfangreichen Kundeneinbezugsmaßnahmen (siehe „Am Anfang steht das Bedürfnis“) stellen wir die drei wichtigsten Neuerungen im Folgenden vor.
Rollierende Produktportfolioplanung und Auslieferungszyklen
Die DATEV-Programm-DVD war über viele Jahre der Fixpunkt der Entwicklung. Zweimal jährlich wurden die aktuellen Programmversionen mit der DVD zum Kunden geschickt. Das ist auch heute noch so – und dennoch hat sich viel geändert. Allein schon die Tatsache, dass der Terminus ‚DATEV-Programm-DVD‘ nicht mehr existiert und durch ‚DATEV-Programmauslieferung‘ ersetzt wurde, zeugt von Veränderung. Immer weniger Kunden nehmen die DVD in Anspruch, immer mehr laden die neuen Programmversionen per elektronischem Abruf direkt herunter – und kommen dadurch ein paar Tage eher an die neuen Versionen.
Die Zukunft gehört dem elektronischen Abruf. Auch, weil die Genossenschaft künftig in kürzeren Abständen aktuelle Programmversionen ausliefern möchte. „Bislang haben wir eine jährliche Vollplanung gemacht, dies sogar mit einem zeitlichen Vorlauf von einem halben Jahr vor dem kommenden Jahr. Mittlerweile erstellen wir eine geschäftsfeldübergreifende Gesamtplanung. Wir legen also ein Jahr gedanklich grob an, priorisieren und überprüfen im Rhythmus von drei Monaten“, erklärt Armin Männer, der bei DATEV die sogenannte rollierende Portfolioplanung mitverantwortet. Mit dieser rollierenden, also einer stetig aktualisierten Produktportfolioplanung, kann DATEV noch flexibler auf Markterfordernisse, Gesetzesänderungen und Kundenwünsche reagieren. Ziel ist es, nicht mehr nur zweimal jährlich aktuelle Programmversionen an den Kunden zu liefern, sondern in kürzeren Abständen, langfristig möglichst quartalsweise. So erhält der Anwender die wesentlichen Programmverbesserungen schneller als bisher.
Priorisierung strategischer Themen
Mit der rollierenden Portfolioplanung geht die Priorisierung strategischer Themen einher. In einem neu geschaffenen Entscheidungsboard werden in regelmäßigen Abständen, derzeit alle zwei Monate, alle strategischen Themen und Projekte bewertet und priorisiert. Bei der Priorisierung werden unter anderem auch aktuelle Kundenwünsche berücksichtigt.
Die Priorisierung wirkt sich auf die Ressourcen aus, die für die Projekte aufgewendet werden. Fehlen in einem hoch priorisierten Projekt zum Beispiel Mitarbeiter, um dieses rasch umzusetzen und abzuschließen, werden die entsprechenden Fachkräfte aus anderen Projekten temporär abgezogen und dem hoch priorisierten Thema zugeordnet. Ziel ist es, die einzelnen Projekte für die Kunden zielgerichtet und konsequent umzusetzen.
Die Priorisierung bezieht sich dabei ausschließlich auf strategische Projekte. Alle Entwicklungen, die Gesetzesänderungen und Wartungen betreffen, laufen unvermindert parallel weiter. Strategische und hoch priorisierte Themen sind momentan beispielsweise die FIBU-Automatisierung, Weiterentwicklungen rund um DATEV Unternehmen online, Lohn online sowie E-Commerce-Projekte.
Mehrjahres-Roadmap
Die sogenannte Mehrjahres-Roadmap ergänzt die kurzfristige Programmplanung der jeweils kommenden DATEVProgrammauslieferung und die langfristige Perspektive von DATEV 2025 um eine mittelfristige Sicht. Sie fasst die Ergebnisse aus der rollierenden Portfolioplanung und aus der Priorisierung der strategischen Themen zusammen. Sie richtet sowohl den Blick in den Rückspiegel auf das jeweils vorangegangene Jahr als auch auf die absehbare Zukunft und damit auf die jeweils kommenden ein bis zwei Jahre. Sie dient dadurch den Mitgliedern als Nordstern zur Orientierung, an welchen Verbesserungen und Weiterentwicklungen DATEV momentan arbeitet. Die in der Mehrjahres-Roadmap genannten Themen sind Schwerpunkte und decken bei Weitem nicht alle Arbeiten an Weiterentwicklungen ab. Zudem kann es in Zeiten sich schnell ändernder Rahmenbedingungen zu Abweichungen in der Umsetzung kommen, um kurzfristig beispielsweise auf Gesetzesänderungen einzugehen. Je weiter in der Zukunft eine geplante Weiterentwicklung steht, umso mehr kann sie durch Änderung in der Priorisierung betroffen sein. Die Mehrjahres-Roadmap wird deshalb regelmäßig aktualisiert und kann unter www.datev.de/roadmap jederzeit eingesehen werden. Einen kurzen Auszug der Mehrjahres-Roadmap lesen Sie auf Seite 40 dieser Ausgabe.
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