Die Berufe Steuerberater und Wirtschaftsprüfer leiden unter einem starken Rückgang von Bewerbern. Welche Faktoren sind Studierenden wichtig, um diese Berufe zu ergreifen? Und was bedeutet das für mittelständische Praxen? Ein von der DATEV-Stiftung Zukunft gefördertes Forschungsprojekt an der Universität Bayreuth legt nahe, dass Geld allein keinen Nachwuchs gewinnt.
Fachkräftemangel, demografischer Wandel und Generation Y sind nur einige Schlagworte, die fallen, wenn über die Nachwuchssituation in Steuerberatung (StB) und Wirtschaftsprüfung (WP) gesprochen wird. Beide Berufsstände leiden unter einem starken Rückgang der Bewerberzahlen, sowohl bei Berufseinsteigern als auch Examenskandidaten. Beispielsweise sind die Teilnehmerzahlen an beiden Berufsexamina in den letzten zehn Jahren um etwa 40 Prozent zurückgegangen. Über die Gründe für diese Entwicklung und vor allem mögliche Auswege besonders für kleine und mittelständische Praxen ist indes nur wenig bekannt.
So ergeben sich einige Kernfragen:
- Wie interessant sind Tätigkeiten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung für Studierende in Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung?
- Wer plant mittelfristig, die Berufsexamina zu absolvieren?
- Welche Anforderungen und Wünsche werden an die künftige Stelle und den Arbeitgeber gestellt?
Diesen und weiteren Fragen gehen wir im Rahmen unseres Forschungsprojekts „Karriere- und Studienentscheidungen in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung“ an der Universität Bayreuth nach. Dank der finanziellen Unterstützung durch die DATEV-Stiftung Zukunft ist es uns möglich, deutschlandweit Studierende zu ihren Studien- und Karriereplänen zu befragen. Erste Ergebnisse der Befragung liegen vor. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die potenzielle Tätigkeit bei kleinen und mittelständischen Praxen.
Erste empirische Erkenntnisse
Im Sommer 2015 haben wir 941 Studierende in verschiedenen Studienphasen an 14 deutschen Universitäten befragt. Der Fokus lag dabei auf Studierenden mit den Schwerpunkten Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung. Hier zeigt sich erfreulicherweise ein relativ ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Der vergleichsweise geringe Anteil an Master-Studierenden sollte aufgrund der hohen Spezialisierung in diesen Studiengänge nicht überraschen (siehe Abbildung 1).
Generell kann sich etwa die Hälfte der Studierenden eine Tätigkeit in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung vorstellen. Jedoch streben nur knapp 18 Prozent zumindest eines der Berufsexamina an. Das Interesse am Steuerberaterexamen ist gegenüber dem Wirtschaftsprüfungsexamen etwas ausgeprägter (siehe Abbildung 2). Eine Tätigkeit in kleinen oder mittelgroßen Praxen kommt für ungefähr 18 Prozent der von uns befragten Studierenden in Betracht. Die Big-Four-Gesellschaften werden von etwa 39 Prozent als potenzielle Arbeitgeber identifiziert. Dieses Ergebnis ist aufgrund der größeren Bekanntheit und Präsenz der großen Gesellschaften an Universitäten und Hochschulen wohl nicht überraschend.
Studierende, die sich für eine Tätigkeit in mittelständischen Kanzleien interessieren, zeigen hingegen ein größeres Interesse an den Berufsexamina, besonders dem Steuerberaterexamen (siehe Abbildung 3). Eine mögliche Erklärung könnte in der langfristigen Berufsperspektive liegen. Wer sich für eine Karriere im Mittelstand interessiert, möchte auch im Beruf verbleiben. Studierende, die ihre Tätigkeit bei den Big-Four-Gesellschaften aufnehmen, nutzen dies üblicherweise auch als Sprungbrett in Berufsbilder außerhalb von Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung.
Auch bei den Kriterien zur Berufs- und Arbeitsplatzwahl gibt es Unterschiede zwischen beiden Gruppen. So sind für die am Mittelstand interessierten Studierenden Freude an und Identifikation mit der Tätigkeit sowie gute Vorgesetzte und kompetente Kollegen relativ wichtig. Diese Faktoren sind aber auch bei den Studierenden, die sich für einen Berufseinstieg bei den Big Four interessieren von hoher Bedeutung. Die Generation Y legt also tatsächlich mehr Wert auf Selbsterfüllung und eine spannende Tätigkeit als auf monetäre Anreize. Ist dies gegeben, sind die Studierenden bereit, überdurchschnittlichen Einsatz zu zeigen und (leichte) Abstriche bei der Vergütung hinzunehmen.
Implikationen
Trotz der zahlenlastigen Materie menschelt es im Bereich der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung. Ausschlaggebend für die Gewinnung von Berufseinsteigern ist es, zunächst grundlegendes Interesse an der Tätigkeit zu wecken. Mittelständische Praxen sollten im persönlichen Kontakt (zum Beispiel über Praktika, Workshops an Hochschulen) überzeugen. Um die Bekanntheit des Berufs sowie der verschiedenen Beschäftigungsalternativen – gerade auch abseits der allgegenwärtigen Big-Four-Gesellschaften – zu fördern, würde es sich daher beispielsweise anbieten, die Präsenz am lokalen Campus auszuweiten. So kann es gelingen, nicht nur Berufseinsteiger, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch langfristig Mitarbeiter mit Interesse an den Berufsexamina zu gewinnen. Die ersten Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass für zukünftige Berufseinsteiger Geld nicht alles, aber dennoch von gewisser Wichtigkeit ist. Für die Generation Y können positive Aspekte bei Tätigkeitsprofil, Kollegenkreis und Aufstiegsmöglichkeiten gewisse finanzielle Nachteile ausgleichen. Berufsneulingen relativ früh Verantwortung zu übertragen und ein herausforderndes Arbeitsumfeld bei fördernder wie fordernder Atmosphäre zu schaffen, kann das entscheidende Plus für den Mittelstand sein (siehe Abbildung 4). Geld allein ist eben doch nicht genug.
Neben der derzeitigen Ausweitung unserer Studierendenbefragung werden wir uns in den nächsten Schritten auch an Berufsträger wenden. Wir planen eine Befragung der Beschäftigten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung zu ihren Karriereplänen. Darüber hinaus ist eine weiterführende Befragung zur Arbeitsmarktsituation aus Sicht der Praxen in Vorbereitung. Themengebiete werden unter anderem die Einschätzung der Bewerberlage und der Konkurrenzsituation im lokalen Markt sein.
Empirische Untersuchung
Empirische Untersuchung
Befragung von 941 Studierenden mit den Schwerpunkten Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung
Abbildung 1: Demografische Angaben
Abbildung 2: Angestrebte Berufsexamina der befragten Studierenden
Abbildung 3: Interesse an Berufsexamina nach Berufseinstieg
Abbildung 4: Kriterien zur Berufs- und Arbeitsplatzwahl