Weniger Bürokratie durch ersetzendes Scannen - 1. Februar 2016

Heftest du noch ab oder scannst du schon?

Will man dem Statistischen Bundesamt glauben, kostet es die deutschen Unternehmen jedes Jahr 3,2 Milliarden Euro, Rechnungen auf Papier aufzubewahren, wie gesetzlich verlangt. Damit wäre diese Verpflichtung die teuerste deutsche Bürokratievorschrift. Dabei gibt es längst die Möglichkeit, diese Papierrechnungen dem Altpapier zuzuführen, vorausgesetzt, sie wurden vorher in einem definierten Scan digitalisiert. „Ersetzendes Scannen“ heißt das…

Will man dem Statistischen Bundesamt glauben, kostet es die deutschen Unternehmen jedes Jahr 3,2 Milliarden Euro, Rechnungen auf Papier aufzubewahren, wie gesetzlich verlangt. Damit wäre diese Verpflichtung die teuerste deutsche Bürokratievorschrift. Dabei gibt es längst die Möglichkeit, diese Papierrechnungen dem Altpapier zuzuführen, vorausgesetzt, sie wurden vorher in einem definierten Scan digitalisiert. „Ersetzendes Scannen“ heißt das Zauberwort. Ersetzendes Scannen könnte eine enorme Entbürokratisierungswirkung entfalten.

Die gesetzlichen Grundlagen sind vorhanden (E-Government-Gesetz, Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs) und auch die Finanzverwaltung spielt mit, indem sie in ihren neuen Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen … (GoBD) das ersetzende Scannen ausdrücklich erlaubt. Eine Musterverfahrensdokumentation von BStBK und DStV liegt vor und auch juristisch wurden verschiedene Szenarien in einer sogenannten Simulationsstudie erfolgreich verprobt.

Kinderkrankheiten digitaler Belegbuchung

Wie geht nun der Berufsstand mit dem Ersetzenden Scannen um? Viele Berater und ihre Mandanten sind misstrauisch und bleiben weiter beim Papier. Andere tasten sich vorsichtig an die Aufgabe heran, einen Weg zum Papierersatz zu finden. Exemplarisch möge die Kanzlei DHS Steuerberater/Rechtsanwälte in Detmold, Lemgo, Ertertal sein, die der Verfasser dieses Blogs vor Ort besuchen durfte.

Vor einigen Jahren hat DHS mit der digitalen Belegbuchung begonnen. Heute werden ausnahmslos alle Buchungsbelege (Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, Kontoauszüge und Barbelege) digital verarbeitet. Das war allerdings nicht immer so. Bis zum Jahr 2008 hatte die Kanzlei ausschließlich die klassische Papierverarbeitung mit all ihren Nachteilen, wie hoher Aufbereitungsaufwand für das Anlegen des Pendelordners, Mehrfachsortierung, Aufzeichnungen während der Belegabwesenheit, keine zeitaktuelle OP-Buchführung etc. In den Jahren bis 2012 wurden die  Kanzleimitarbeiter für die zu lösenden Probleme sensibilisiert und die technischen Voraussetzungen zur digitalen Belegverarbeitung geschaffen. Tatkräftig unterstützten dabei die Berater von DATEV. Dann hat die Kanzlei ihre Mandanten im Rahmen von mehreren Veranstaltungen angesprochen. Das Interesse war groß. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass die meisten der Mandanten nicht bereit waren, die Belege selbst einzuscannen. Andere Mandanten haben zwar die Belege eingescannt, nur konnten die Digitalisate in vielen Fällen nur mit hohem Aufwand verarbeitet werden, weil die Qualität nicht gestimmt hat. Es fehlte bei diesen Mandanten die innere Bereitschaft, „für“ den Steuerberater zu arbeiten. Letztendlich war die erforderliche Scan-Qualität nicht mit allen Mandanten verbindlich zu vereinbaren. Schlechte Qualität der Digitalisate führte zu Aufwand und Problemen bei der Einhaltung des Steuertermins.

Zeitersparnis durch Schulung

Nach diesen negativen Erfahrungen mit manchen Mandanten wurden, um einen einheitlich Prozess zu definieren, sämtliche Scanvorgänge in die Kanzlei verlagert. Die Kanzleimitarbeiter wurden intensiv geschult. Bei allen Beteiligten hat sich rasch die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine gute Scanqualität zu erheblichen Zeitersparnissen führt. Diese Zeitersparnis wurde aber durch die Zeit für das Scannen aufgezehrt. Zudem mussten die Kanzlei in dieser Zeit zweigleisig mit Papier und Digitalisat fahren. Der Durchbruch kam dann vor zwei Jahren als die Kanzlei einen Dienstleister (ENTEOS) gefunden hatte, der die Qualität des Digitalisats nochmals deutlich steigern und die Bearbeitungszeiten erheblich reduzieren konnte, ein Scan-Profi sozusagen.

Die Mitarbeiter konnten sich nun wieder auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren. Die erheblichen Zeitersparnisse beim Buchungsvorgang wurden investiert und mandantenspezifisch zusätzliche Leistungen in die Buchführung inkludiert. Wichtig sind aber auch die anderen Vorteile: bei den Besprechungen mit den Mandanten und dem Jahresabschluss stehen erforderliche Belege sofort zur Verfügung, bei Betriebsprüfungen sieht der Prüfer nur die Belege in der Form und mit dem Inhalt, wie sie zur Erstellung der Buchhaltung vorgelegt wurden – Zufallsfunde sind weitgehend ausgeschlossen.

Von der digitalen Belegverarbeitung bis zur Vernichtung der Belege

Die Mandanten merkten schnell, dass die Kanzlei ihre Papierbelege digitalisierte und stellten die Frage „Brauche ich die Papierbelege überhaupt noch?“. Antwort: Im Prinzip nicht mehr. Die DATEV hat sich den Scanprozess für ihr Produkt und relevante Prozessebenen bis zur eArchivierung bereits zertifizieren lassen. Hier sollte nun aber nicht beim Mandanten, sondern im Auftrag des Madanten in der Kanzlei gescannt werdenund DHS war es wichtig, ein Beweiswertmaximum anbieten zu können. Es folgte die Erstellung einer vollständigen Verfahrensdokumentation, also einschließlich der Prozessschritte „Anlieferung der Belege“ und „Ablage der Belege nach abgeschlossenem Scanvorgang“ und besser noch, als werbewirksames Aushängeschild, deren Zertifizierung beim Mandanten. Deshalb wurden die Prozesse von Enteos am 06.01.2016 einem Audit vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) an allen drei Kanzleistandorten erfolgreich unterzogen.

Bestandteil des Audit war die digitale Belegverarbeitung vom Eingang bis zu dessen Vernichtung in der Kanzlei sowie beim Mandanten. Neben den Kanzleistandorten wurden auch deren Mandanten überprüft. Aus Sicht von DHS ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Abschaffung des Papiers in der Kanzlei und beim Mandanten. Und eine solche „Infrastruktur“ eignet sich dann auch, um perpektivisch neben Papierbelegen auch andere Dokumententypen ersetzend zu scannen.

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Ulrich Gojowsky

Redaktion DATEV magazin

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