Unter UNS - 26. September 2024

Mit Augenmaß

Coburg – das ist jene schöne Stadt in Oberfranken, in der sich die Ahnenreihen und Seitenlinien des halben europäischen Hochadels kreuzen und zu einem unentwirrbaren Knäuel verdichten. Zugleich aber ist sie auch Standort der Kanzlei co-tax, die von zwei Berufsträgern, Kerstin Rüdenburg und Jan Happich, geleitet wird.

Die beiden haben die Kanzlei aus dem Mitarbeiterkreis heraus 2019 von den Vorgängern übernommen, zusammen mit der gesamten, zum Teil schon langjährig tätigen Belegschaft. „Es ist uns gleichwohl gelungen, die Übernahme bruchlos zu vollziehen, alle Beschäftigten durch einen kontinuierlichen Lernprozess mitzunehmen“, sagt Jan Happich. „Unsere Mitarbeiter haben die Vorteile der Digitalisierung rasch erkannt, sind dadurch ganz ohne unser Zutun selbst zu deren Botschaftern geworden und haben dann ihrerseits die Mandanten von deren Vorteilen überzeugt. Wir haben inzwischen kaum mehr als ein Dutzend nicht digitaler Mandate, von denen wir die Hälfte gerade auf die digitale Buchführung umstellen. Die andere Hälfte: Das sind jahrzehntelange Beziehungen, an denen wir nicht rühren. Von diesen aber abgesehen, überzeugt alle der spürbare Zeitgewinn.“

Viertagewoche funktioniert

Zeitgewinn ist das Stichwort, denn damit sind wir auch bei einem wesentlichen Alleinstellungsmerkmal der co-tax: Sie hat als einzige Kanzlei im Coburger Raum die Viertagewoche als neues Arbeitszeitmodell eingeführt. Wie kam es dazu? „Es kam Verschiedenes zusammen“, erläutert Jan Happich. „Ein mächtiger Impuls war tatsächlich privater Natur. Ich wollte einfach mehr Zeit mit meiner Familie verbringen, eine Entscheidung für mehr Lebensqualität. Außerdem war bei uns in der Kanzlei der Freitag kein besonders produktiver Tag, sodass auf ihn zu verzichten nicht den rechnerisch zu erwartenden Kapazitätsverlust von 20, sondern höchstens von 10 Prozent bedeutete. Wenn es also gelänge, so meine Überlegung, die Produktivität um diese bewussten 10 Prozent zu steigern, könnte die Kanzlei ohne jede Einbuße am Freitag schließen. Also machten wir uns auf die Suche nach Zeitfressern. Wir bedeutet: die gesamte Mannschaft. Ein externer Coach hat uns dabei ein halbes Jahr begleitet, hat alle Prozesse und Abläufe mit uns durchleuchtet, um zu sehen, wo und wie wir effizienter werden können. Und da wird man an vielen Stellen fündig.“
Das co-tax-Team einigte sich auf mindestens zwei Bürotage und zwei Tage Homeoffice, wer möchte. „Auch hier war uns der Konsens wichtig, denn nur zufriedene Mitarbeiter sind loyal, verlässlich und engagiert – ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor unserer Kanzlei.“ Es liegt nahe, dass die Viertagewoche der Kanzlei in Zeiten des Fachkräftemangels einen gewaltigen Bonus verschafft, doch Jan Happich wiegelt hier ab: „Man muss darauf achten, dass dieser Umstand nicht die Falschen anzieht, denn das Modell funktioniert nur mit erhöhter Leistungsbereitschaft und gesteigerter Effizienz an den verbleibenden vier Tagen. Beim Recruitment setzen wir auf Social Media, Ausbildungsmessen wie die der IHK, wir gehen an Schulen, werben dort für den Berufsstand. Außerdem trägt meine Vortragstätigkeit zur Bekanntheit der Kanzlei bei.“
Großer Wert wird auf die stetige Weiterentwicklung der Mitarbeiter gelegt. „Darum unterstützen wir das Team sowohl beim Besuch von klassischen Seminaren als auch bei der Wahrnehmung anderer Weiterbildungsmöglichkeiten. Bereits zum zweiten Mal wurden wir durch den Landesverband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern als ‚Exzellenter Arbeitgeber‘ ausgezeichnet. Mittelfristig möchten wir im Team eventuell noch die Rolle eines Innovationsmanagers installieren.“ Bewährt hat sich die Firmenwagenregelung: Auf allen Fahrzeugen, die auch privat genutzt werden dürfen, prangt das Kanzleilogo.

Gemäßigtes Wachstum

Und die Pläne für die Zukunft? „Die sind ganz vom Augenmaß geprägt“, erklärt Jan Happich. „Momentan haben wir 11 Mitarbeiter und 3 Berufsträger. Wenn wir in einigen Jahren 15 Mitarbeiter sind, wäre das aus meiner Sicht die Idealgröße, bei einer Auslastung aller von möglichst nur 80 bis 90 Prozent, damit Zeit für die Fortbildung bleibt. Die ist elementar wichtig, gerade auch im Hinblick auf die Zukunft einer Arbeitswelt, die von KI geprägt sein wird. Nicht zuletzt deshalb engagiere ich mich auch in der Initiative ‚Zukunft.Coburg.Digital‘, das ist hoch spannend.“ Bei aller Digitalisierung ist Jan Happich eines wichtig: „Die persönliche Nähe zum Mandanten und vor allem die Wertschätzung untereinander im Team, sie zählen – und das wird auch für uns so bleiben.“

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Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

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