Zukunft der Steuerberatung - 30. Mai 2024

Die Säge schärfen

Für die Steuerberater sieht die wirtschaftliche Lage seit Jahren sehr gut aus, auch künftige Geschäftsaussichten werden positiv eingeschätzt. Allerdings arbeiten viele Kanzleien am Limit, und es fällt immer schwerer, Personal zu finden. Was sollten Kanzleien unternehmen, um sich für die Zukunft gut aufzustellen?

Die Metapher der stumpfen Säge erzählt von einem Waldarbeiter, der sich mit einem stumpfen Sägeblatt plagt. Dem Vorschlag, die Säge zu schärfen, entgegnet er, dass ihm dazu die Zeit fehle, denn er müsse ja sägen. Auch wenn bisher das operative Geschäft wenig oder gar keinen Spielraum für strategische Überlegungen ließ, ist es nun an der Zeit, sinnbildlich die Säge aus der Hand zu legen, um sie zu schärfen. Jede Kanzleiinhaberin und jeder Kanzleiinhaber sollte sich den Freiraum schaffen und Gedanken darüber machen, wie ihre oder seine Kanzlei in Zukunft aussehen soll: welche Mandanten betreut, welche Leistungen künftig gefragt sein werden und welche Qualifikationen Steuerberater und Kanzleimitarbeiter dafür benötigen.
Wie die eigene Kanzlei in fünf Jahren aussehen soll, beschreibt man mit einer Vision beziehungsweise einem Zukunftsbild. Mit einer Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse – kurz SWOT – führen Sie eine Bestandsaufnahme durch und legen Ziele und entsprechende Maßnahmen schriftlich fest. Für eine erste Standortbestimmung unterstützt der DATEV ReifegradCheck die Kanzleileitung. Hierüber findet man heraus, welchen organisationalen Reifegrad die Kanzlei hat und welche Maßnahmen für die digitale Kanzleientwicklung erforderlich sind.

Schneller und fokussierter

Wie lassen sich aber Freiräume schaffen? Ein Hebel ist die Effizienzsteigerung bei den klassischen Deklarationstätigkeiten. Durch regelmäßiges Sichten, Bewerten und Einführen von digitalen Werkzeugen – in den DATEV-Software-Lösungen und ergänzenden Lösungen im Ökosystem des DATEV-Marktplatzes – lassen sich Prozesse verbessern und automatisieren. Für eine Bestandsaufnahme und das Identifizieren kanzleiindividueller Potenziale stehen Analyse-Tools zur Verfügung, etwa das DATEV Digitalisierungs-Cockpit, der DATEV DigiCheck für Kanzleimitarbeiter und die ISWL Mandantenanalyse. Eine gelungene Umsetzung und Veränderung hängt allerdings weniger von den technischen Möglichkeiten ab als vielmehr von der Integration aller Beteiligten. Neben den Mandanten sind das vor allem die Kanzleimitarbeiter. In der Praxis haben sich Workshops bewährt, wie ein Digitalisierungs- oder Zukunftstag für Kanzleimitarbeiter, bei dem gemeinsam ein Digitalisierungsfahrplan erstellt wird. Damit die Umsetzung vorankommt, braucht es auch hier Ressourcen. Mit Intensivarbeits- oder Fokuszeiten gelingt es, Störungen und Unterbrechungen im Arbeitsablauf zu reduzieren und die Produktivität zu erhöhen. Freiräume verschaffen sich Kanzleien auch, indem sie ihre Mandate aktiv managen und sich auch von Mandanten trennen, ohne dass sich dies negativ auf die Ertragssituation auswirkt. Externe Unterstützung hilft, die Umsetzung zu beschleunigen – beispielsweise durch DATEV-Berater oder DATEV-System- und Lösungspartner. Durch den Aufbau von internen Strukturen und Verantwortlichkeiten wird ermöglicht, dass die anstehenden Aufgaben nicht allein von der Kanzleileitung getragen werden müssen. Zunehmend etablieren sich Rollen, die von Kanzleimitarbeitern ausgefüllt werden, für Digitalisierung, Social Media oder Personal. Flankiert werden diese Entwicklungen seit einigen Jahren über Weiterbildungen wie beispielsweise den Fachassistenten Digitalisierung und IT-Prozesse (FAIT).

Führen, motivieren, Leistung honorieren

Werden die Mitarbeiter einbezogen, steigt auch ihre Zufriedenheit und Motivation. Das wiederum stärkt ihre Bindung zum Arbeitgeber. Ein digitales und flexibles Arbeitsumfeld führt zu einer höheren Arbeitgeberattraktivität, auch bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter. Eine strukturierte Honorarpolitik schafft mehr Handlungsspielräume – auch für die Vergütung. Durch die konsequente Weiterberechnung von erbrachten Leistungen und mit den Optionen der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) können die Gehälter auch mal über 10 Prozent steigen, ohne die Rendite negativ zu beeinflussen. Kanzleien, die in den genannten Feldern gut aufgestellt sind, berichten, dass sie entgegen der Grundstimmung so regelmäßig neue Mitarbeiter gewinnen.

Gemeinsam statt einsam

Die Einhaltung (berufs-)rechtlicher Anforderungen, die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten, Kanzleimarketing und Personalführung haben in den letzten Jahren den zeitlichen Aufwand für das Kanzleimanagement deutlich wachsen lassen. Insbesondere kleinere Kanzleien, die ihre rechtliche Selbstständigkeit aufrechterhalten möchten und sich nicht Kanzleiverbünden anschließen, nutzen Netzwerke und den kollegialen Austausch für die gegenseitige Unterstützung.

Mehr als nur Deklaration

Die zukünftigen technischen und rechtlichen Entwicklungen im Zuge von KI und E-Rechnung können perspektivisch zu einer Veränderung der Erlösstruktur führen und die schon lange prophezeite wachsende Bedeutung der Beratung Wirklichkeit werden lassen. Der Bedarf seitens der Mandantschaft ist durch wachsende Compliance-Anforderungen, das Regeln der Unternehmensnachfolge und die Unterstützung bei der Digitalisierung der kaufmännischen Prozesse gegeben. Das aktive Anbieten entsprechender Leistungen hilft nicht nur dem Mandanten, sondern erhöht auch die Attraktivität als Arbeitgeber und führt Mitarbeiter mit neuen Kompetenzen in die Kanzleien.

Fazit

Feste Termine fern der täglichen Routinen helfen, die Weiterentwicklung der eigenen Kanzlei und der Zukunftsvision zu forcieren, Dinge zu planen und festzuhalten. Hierbei sollten die Mitarbeiter eingebunden werden. Die Basis hierfür bildet eine regelmäßige Kommunikation in der Kanzlei, beispielsweise in Form von kurzen täglichen Stand-up-Meetings und fest definierten Zeitscheiben für die individuelle Weiterbildung.

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Zum Autor

Thorsten Hesse

Thorsten Hesse ist nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium und ersten beruflichen Stationen im Marketing und der Beratung seit 1994 bei DATEV tätig. Als Kanzleiberater und Gründungscoach unterstützt er Steuerberatungskanzleien als Trainer, Vortragsredner und Autor bei den Themen Strategie, Marketing und Vertrieb. Herr Hesse ist zudem zertifizierter DISG-Trainer und Lehrbeauftragter an der Hochschule München.

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