Arbeitsgerichtsgesetz - 27. Mai 2024

Auch in Eilfällen keine Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle vor formeller Rechtskraft des gerichtlichen Einsetzungsbeschlusses

LAG Köln, Pressemitteilung vom 17.05.2024 zum Beschluss 9 TaBV 24/24 vom 16.05.2024

Eine im Verfahren nach § 100 Arbeitsgerichtsgesetz gerichtlich eingesetzte betriebliche Einigungsstelle ist erst mit der formellen Wirksamkeit des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wirksam errichtet. Wird sie gleichwohl vorher tätig, kann der Spruch der Einigungsstelle die fehlende Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht durch einen Spruch ersetzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln am 16.05.2024 entschieden.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ging es um die durch den Betriebsrat mitzubestimmende Dienstplangestaltung hinsichtlich der Kalenderwochen 19 bis 22 für die norddeutschen Filialen eines in Köln ansässigen Sportartikelhändlers. Das Arbeitsgericht Köln bestellte im Anhörungstermin vom 03.05.2024 gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin einen in Niedersachsen ansässigen Rechtsanwalt zum Vorsitzenden der Einigungsstelle und setzte die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei pro Seite fest.

Noch vor der am 07.05.2024 erfolgten Zustellung dieses Beschlusses an den Betriebsrat lud der Einigungsstellenvorsitzende die Beteiligten und ihre Verfahrensbevollmächtigten mit einem am 03.05.2024, 20:46 Uhr versandten E-Mail-Schreiben zur Sitzung der Einigungsstelle am Samstag, den 04.05.2024 um 13:00 Uhr in seine Kanzleiräumlichkeiten.

Mit E-Mail-Schreiben vom 04.05.2024, 13.24 Uhr teilte der Rechtsanwalt des Betriebsrats dem Einigungsstellenvorsitzenden und den Vertretern der Arbeitgeberseite mit, dass von Seiten des Betriebsrats niemand an der Einigungsstellsitzung teilnehmen könne. Zudem wies er darauf hin, dass er den gerichtlich eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden unter keinen Umständen akzeptiere und im Auftrag des Betriebsrats sogleich Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts einlegen werde.

Am 04.05.2024 tagte die Einigungsstelle bis 19:55 Uhr und genehmigte die Dienstpläne im Spruchwege, ohne dass die Betriebsratsseite vertreten war.

Auf die am 04.05.2024 um 22:19 Uhr bei dem Landesarbeitsgericht eingelegte Beschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht Köln den arbeitsgerichtlichen Einsetzungsbeschluss teilweise abgeändert und einen anderen Einigungsstellenvorsitzenden für die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandslos gewordenen Dienstpläne bestellt.

Daran hat sich das Landesarbeitsgericht nicht gehindert gesehen, obwohl die Einigungsstelle, deren Bestellung Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war, bereits entschieden hatte. Da die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle eine Gestaltungsentscheidung ist, die ihrem Wesen nach erst mit Eintritt ihrer formellen Rechtskraft wirksam werden kann, ist die Einigungsstelle bis zu diesem Zeitpunkt nicht befugt, die streitige Angelegenheit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber durch einen Spruch zu regeln. Dies gilt auch in eiligen Angelegenheiten. Der Eilbedürftigkeit hat der Gesetzgeber bereits durch die stark abgekürzten Fristen im gerichtlichen Einsetzungsverfahren Rechnung getragen.

Im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens aufgetretenen Zweifel an der Unparteilichkeit des vom Arbeitsgericht bestellten Einigungsstellenvorsitzenden hat das Landesarbeitsgericht einen anderen Vorsitzenden für den Streit über die noch nicht durch Zeitablauf gegenstandlos gewordenen Dienstpläne bestellt.

Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Quelle: Landesarbeitsgericht Köln