Berufsstand - 18. Juli 2024

Fristversäumnis: Datum auf elektronischem Empfangsbekenntnis muss zur Handakte

BRAK, Mitteilung vom 18.07.2024 zum Beschluss I ZB 84/23 des BGH vom 29.05.2024

Fristen dürfen nur anhand des Datums auf dem elektronischen Empfangsbekenntnis berechnet werden – daher gehöre dieses auch in die Akte, so der BGH.

Der BGH hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, wie Rechtsanwältinnen und -anwälte sich organisieren müssen, um keine Fristen zu verpassen: Sie müssen Vorkehrungen dafür treffen, dass das im abgegebenen elektronischen Empfangsbekenntnis (eEB) eingetragene Zustellungsdatum auch in der – noch in Papierform geführten – Handakte dokumentiert wird. Fristen, die an diese Zustellung anknüpfen, müssen dementsprechend anhand der Angaben im eEB berechnet werden (Beschluss vom 29.05.2024, Az. I ZB 84/23).

Im vorliegenden Fall hatte ein Rechtsanwalt die Berufungsfrist gegen eine Klageabweisung in einem Schadensersatzprozess um einen Tag verpasst. Laut dem von ihm selbst abgegebenen eEB war ihm das Urteil zwar bereits am 11. April 2023 über sein beA zugestellt worden, in seinen Unterlagen stand jedoch, es sei ihm erst am 12. April zugegangen – darauf hatte er sich letztlich verlassen. Zu seiner internen Kanzleiorganisation trug er insbesondere vor: Jedes Dokument, das per beA ankomme, werde immer am Eingangstag gescannt und gespeichert. Dabei werde das Datum der Speicherung erfasst. Außerdem bestehe die generelle Anweisung, die Schriftstücke auf Fristen und Termine durchzusehen und diese im System zu notieren. Der Anwalt würde alles noch einmal prüfen und die Rechtsanwaltsfachangestellten dann um eine erneute Kontrolle der Fristen bitten.

BGH: Datum muss immer anhand der eEB vermerkt werden

Mit diesem Vortrag hatte er weder beim Berufungsgericht noch beim BGH Erfolg. Insbesondere sei die Verfristung hier schuldhaft geschehen, sodass die Wiedereinsetzung zu versagen war. Der Anwalt habe schließlich keine Vorkehrungen dafür getroffen, dass die Berufungsfrist anhand des Datums im eEB berechnet und notiert wurde.

Rechtsanwältinnen und -anwälte müssen nach ständiger Rechtsprechung durch eine geeignete Kanzleiorganisation sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittelfrist maßgebliche Datum der Urteilszustellung sowie sich daraus ergebende Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zweifel müssten dabei ausgeschlossen sein. Eine derart verlässliche Grundlage für die Ermittlung des Zustellungsdatums bietet bei elektronischen Zustellungen allein das eEB, so der BGH nun. Das Zustelldatum auf dem eEB müsse auch in der – noch in Papierform geführten – Handakte dokumentiert werden, etwa durch einen Screenshot des eEB, der zur Akte genommen wird.

Diesen Anforderungen hat die Büroorganisation des Klägeranwalts nicht genügt. Im konkreten Fall sei der Fristbeginn nur nach der im beA eingegangen beglaubigten Urteilsabschrift eingetragen worden. Auch im weiteren Verlauf des Bearbeitungsprozesses hätten sich keine Hinweise auf einen Abgleich mit dem eEB gefunden. Der BGH schließt mit den Worten „Das einer solchen Büroorganisation immanente Risiko, dass das im eEB eingetragene Datum früher liegt als das Datum der Vergabe des Dateinamens und als im weiteren Verlauf der Bearbeitung angenommen, habe sich im Streitfall verwirklicht.“

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer