EU-Recht - 19. Juli 2024

Ökodesign-Verordnung tritt in Kraft

DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 18.07.2024

Nachdem die Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte (EU) 2024/1781 am 28.06.2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde, tritt sie heute (18.07.2024) in Kraft. Sie ersetzt die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG, mit der Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte geschaffen worden, und hebt sie mit Wirkung vom 18.07.2024 auf.

Die neue Verordnung zielt darauf ab, nachhaltige Produkte zur Norm werden zu lassen, indem ihre ökologische Nachhaltigkeit verbessert, der CO2- und Umweltfußabdruck über den gesamten Lebenszyklus verringert und das Abfallaufkommen minimiert wird. Außerdem werden mit der Verordnung ein digitaler Produktpass und Anforderungen für die umweltorientierte Vergabe öffentlicher Aufträge eingeführt als auch ein Rahmen geschaffen, damit unverkaufte Produkte nicht mehr vernichtet werden.

Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf fast alle physischen Waren (einschließlich Bauteile und Zwischenprodukte), die in Verkehr gebracht bzw. in Betrieb genommen werden. Ausnahmen werden u. a. für Nahrungsmittel, Rüstungsgüter oder Produkte/-gruppen gelten, die in anderen Rechtsakten bereits geregelt sind, wie z. B. Autos.

Zukünftig dürfen die Produkte im Anwendungsbereich der Verordnung nur in der EU in Verkehr gebracht bzw. in Betrieb genommen werden, wenn sie die geltenden Ökodesign-Anforderungen erfüllen. Dazu zählen z. B. Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Energieverbrauch und Energieeffizienz, Recyclingfähigkeit oder der CO2- und Umweltfußabdruck. Die EU-Kommission erlässt delegierte Rechtsakte, in denen die Ökodesign-Anforderungen für i. d. R. spezifische Produktgruppen festgelegt werden (für umfassendere Produktgruppen wie z. B. Textilien können auch horizontale Ökodesign-Anforderungen festgelegt werden). Dabei soll den Wirtschaftsteilnehmern und insb. KMU genug Zeit gegeben werden, die Anforderungen zu erfüllen; so muss der Geltungsbeginn eines delegierten Rechtsaktes mind. 18 Monate nach seinem Inkrafttreten liegen.

Außerdem wird die EU-Kommission eine Priorisierung von Produkten, die unter die Ökodesign-Anforderungen fallen sollen, vornehmen und einen Arbeitsplan für einen Zeitraum von mindestens drei Jahre aufstellen, der eine Liste von Produktgruppen enthält, die Vorrang haben werden (einschließlich eines voraussichtlichen Zeitplans). Der erste Arbeitsplan soll bis 19.04.2025 erlassen werden und dabei sollen u. a. folgenden Produktengruppen wie IKT-Produkte, Elektronik oder Eisen und Stahl Vorrang gegeben werden. Die EU-Kommission informiert EU-Parlament und Rat jährlich über die Umsetzungsfortschritte im Arbeitsplan.

Digitaler Produktpass und Webportal

Zukünftig dürfen Produkte nur dann in Verkehr gebracht bzw. in Betrieb genommen werden, wenn dafür ein digitaler Produktpass (DPP) vorliegt. Ziel des DPP ist es, Kunden fundierte Kaufentscheidungen zu ermöglichen, Wirtschaftsteilnehmern in der Wertschöpfungskette Zugang zu relevanten Informationen (z. B. zur Reparierbarkeit oder Recycling) zu geben und Behörden die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu erleichtern. Der DPP soll benutzerfreundlich und die darin enthaltenen Daten richtig, vollständig und aktuell sein. Er sollte ggf. durch nicht-digitale Formen der Informationsübermittlung, wie z. B. das Produkthandbuch, ergänzt werden. In den von der EU-Kommission vorzulegenden delegierten Rechtsakten zu den bestimmten Produktgruppen werden die Anforderungen an den jeweiligen DPP spezifiziert, wie z. B. die nach Anhang III der Verordnung aufzunehmenden Daten oder die jeweiligen Zugangsrechte. Durch das Scannen eines Datenträgers, z. B. eines QR-Codes, der idealerweise auf dem Produkt angebracht ist, sollen die digitalen Informationen zum Produkt und seinem Lebenszyklus leicht zugänglich sein.

Der DPP basiert auf einem dezentralen System, das von den Wirtschaftsteilnehmern eingerichtet und gepflegt wird. Um sicherzustellen, dass die Informationen auch noch nach einer Insolvenz oder Beendigung der Tätigkeit vorliegen, muss der Wirtschaftsteilnehmer nach Inverkehrbringen eines Produktes eine Sicherungskopie des DPP über einen Digitalproduktpass-Dienstleister (unabhängiger Dritter) zur Verfügung stellen. Die EU-Kommission erlässt delegierte Rechtsakte, um Anforderungen festzulegen, die Digitalproduktpass-Dienstleister erfüllen müssen, ggf. einschließlich eines Zertifizierungssystems zur Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen. Außerdem kann sie Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen Verfahren für die Ausstellung und Überprüfung der digitalen Zertifikate von Wirtschaftsteilnehmern und anderen relevanten Akteuren festgelegt werden, die Zugangsrechte zu den im DPP gespeicherten Daten haben.

Ferner wird die EU-Kommission bis zum 19.07.2026 ein Produktpassregister einrichten und pflegen, auf das sie selbst und die zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten Zugriff haben, um für Durchsetzungs- und Überwachungszwecke Zugang zu einem Verzeichnis sämtlicher eindeutiger Kennungen von in Verkehr gebrachten bzw. in Betrieb genommenen Produkten zu haben. Die Wirtschaftsteilnehmer laden die entsprechenden Daten (z. B. eindeutige Produktkennung) in das Register hoch. Die EU-Kommission erlässt einen Durchführungsrechtsakt, in dem die Durchführungsbestimmungen für das Register festgelegt werden.

Die EU-Kommission wird zudem ein öffentlich zugängliches Webportal aufbauen und pflegen, in dem Kunden, Wirtschaftsteilnehmer und andere relevante Akteure Zugang zu den in den DPP enthaltenen Daten haben und – entsprechend ihrer Zugangsrechte – Informationen suchen und vergleichen können. Das Webportal sollte Links zu Daten enthalten, die der Wirtschaftsteilnehmer bereits in seinem dezentralen DPP gespeichert hat.

Unterstützung für KMU

Bei der Ausarbeitung von Ökodesign-Anforderungen soll die EU-Kommission die Auswirkungen auf KMU und insb. Kleinstunternehmen, die in dem jeweiligen Produktsektor tätig sind, berücksichtigen. Sie soll zusammen mit den EU-Mitgliedstaaten KMU unterstützen, z. B. durch die Bereitstellung von Leitlinien, das Anbieten von Schulungen oder finanzielle Unterstützung (u. a. steuerliche Vergünstigungen) und Finanzierungsprogramme.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel