Berufsstand - 2. Oktober 2024

Verstöße gegen EU-Sanktionen: BRAK kritisiert Pauschalverdacht gegen „Rechtsberatung“

BRAK, Mitteilung vom 02.10.2024

Zur Umsetzung einer Richtlinie, die Verstöße gegen EU-Sanktionsmaßnahmen etwa im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unter Strafe stellen sollen, will das Bundeswirtschaftsministerium das Außenwirtschaftsgesetz ändern. Die BRAK protestiert dagegen, dass dabei berufsmäßige rechtliche Beratung pauschal inkriminiert wird.

Mit der im April 2024 erlassenen Richtlinie (EU) 2024/1226 sollen Verstöße gegen Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union unter Strafe gestellt werden. Dazu definiert die Richtlinie verschiedene Straftatbestände und legt Sanktionen für natürliche und juristische Personen nebst erschwerenden und mildernden Umständen fest. Zudem enthält die Richtlinie Verfahrens- und Organisationsvorgaben. Sie ist bis zum 20.05.2025 in nationales Recht umzusetzen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sieht für Deutschland nur teilweisen Umsetzungsbedarf, da zahlreiche Verstöße gegen unionsrechtliche Sanktionsvorschriften bereits nach den Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) straf- bzw. bußgeldbewehrt sind. In dem Ende August vorgelegten Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften sind gleichwohl einige Änderungen und Anpassungen enthalten. Insbesondere sieht der Entwurf eine Neustrukturierung der Strafvorschriften in § 18 AWG vor, der nunmehr auch vorsätzliche Verstöße gegen ein Verbot der Erbringung von Rechtsberatung explizit unter Strafe stellen soll. Ein derartiges Verbot enthält u. a. das achte Russland-Sanktionspaket der EU.

In ihrer Stellungnahme erkennt die BRAK das Vorhaben der Bundesregierung an, für eine fristgemäße Umsetzung der Richtlinie zu sorgen und sich dabei auf die Umsetzung zwingender unionsrechtlicher Vorschriften zu beschränken. Gravierende Bedenken hat sie jedoch in Bezug auf die vorgesehene pauschale Inkriminierung der rechtsberatenden Tätigkeit von Anwältinnen und Anwälten. Darin sieht sie eine pauschale Stigmatisierung anwaltlicher Beratung.

Die BRAK hält für verfassungsrechtlich höchst problematisch, dass die berufsmäßige Ausübung von „Rechtsberatung“ mit einer erhöhten Strafandrohung von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe belegt werden soll – besonders, weil das wesentliche Tatunrecht sich erst aus einer Gesamtschau mit jederzeit änderbaren europäischen Rechtsakten des Europäischen Sekundärrechts ergibt.

Den „Verdacht“ strafbaren Verhaltens bei anwaltlichen Tätigkeiten sollen Strafverfolgungsbehörden bereits dann unterstellen können, wenn im Rahmen der anwaltlichen Berufsausübung auch nur geringe Anteile „Rechtsberatung“ sein könnten, die möglicherweise unter eine restriktive Maßnahme der EU subsumierbar wären. Die Gefahren einer überzogenen oder gar unberechtigten Strafverfolgung von Anwältinnen und Anwälten liegen auf der Hand – mit allen gravierenden Konsequenzen auch für den Geheimnisschutz als Berufsgeheimnisträger und somit für deren Mandanten.

Mit den einzelnen Regelungsvorschlägen des Referentenentwurfs setzt die BRAK sich detailliert auseinander und legt jeweils dar, inwiefern sie diese für problematisch hält.

Die BRAK hatte bereits zu dem Richtlinienentwurf kritisch Stellung genommen und sich insbesondere gegen die Pönalisierung von Rechtsberatung gewandt. Diese Kritik hat sie ebenfalls im Zusammenhang mit dem achten Russland-Sanktionspaket geäußert.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 20/2024