Der Anhang ist der Dauerbrenner für die erstellenden Berater und für die Abschlussprüfer. Der Grund: Er ist der erste Beurteilungsmaßstab für die fachliche Qualität der Erstellungsarbeit. Prof. Dr. Winfried Schwarzmann gibt Tipps und Hinweise für die Praxis, um die gestiegenen Anforderungen auch aufgrund des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes zu erfüllen.
„Im Anhang geht es nicht nur um Formalien.“
Für den fachkundigen externen Jahresabschlussadressaten ist gerade der Anhang der erste Beurteilungsmaßstab für die fachliche Qualität der Erstellungsarbeit. Vereinfacht gesprochen: Aus einem offengelegten Jahresabschluss ist nicht ersichtlich, dass beispielsweise die Forderungen unzutreffend bewertet sind oder dass Rückstellungen für Überstunden fehlen. Unmittelbar erkennbar ist aber, wenn gesetzlich vorgeschriebene Anhangangaben fehlen (Pensionsrückstellungen, Berufsbezeichnungen der Organe etc.).
Die Abschlussprüfer sind aufgrund der Abschlussdurchsicht der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) für diesen Aspekt besonders sensibilisiert. Die WPK sichtet veröffentlichte und geprüfte Unternehmensabschlüsse und klärt gegebenenfalls auftretende Fragen mit den Abschlussprüfern. Fehlende Angaben können zu Nachfragen führen. Gerade die Anhangangaben sind durch gesetzliche Neuerungen (aktuell durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)) in den letzten Jahren umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Im Anhang geht es nicht nur um Formalien. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu Bewertungseinheiten, Derivaten, außerbilanziellen Geschäften, Sicherheiten oder Haftungsverhältnissen können gravierende materielle Auswirkungen nach sich ziehen. Gesetzliche Neuerungen sind dabei eine häufige Fehlerquelle, wenn im Anhang lediglich die Zahlen des Vorjahrs aktualisiert werden.Im Fokus stehen auf der anderen Seite natürlich die Effizienz der Erstellungsarbeiten und die Erwartungshaltung des mittelständischen Mandanten. Die Anforderung an den erstellenden Berufskollegen ist, die gesetzlichen Vorgaben effizient umzusetzen – ansonsten ist der Anhang als Berichtsinstrument für den mittelständischen Unternehmer häufig nur von untergeordnetem Interesse.
Zentrale aktuelle Neuerungen
Die Vorschriften des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes sind erstmals anzuwenden in Jahresabschlüssen für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen (vergleiche im Detail Art. 75 EGHGB). Durch das BilRUG sind nicht nur neue beziehungsweise geänderte Anhangangaben hinzugekommen, es haben sich auch die Befreiungsvorschriften für kleine und mittelgroße Gesellschaften in § 288 HGB geändert. Insofern wird die Abschlusserstellung für das Geschäftsjahr 2016 anspruchsvoll und bedarf einer strukturieren Vorbereitung.
Materiell sind für den Anhang insbesondere folgende neue Aspekte aufgrund des BilRUG hervorzuheben (siehe Tabelle unten).
Im Anhang ist der Pflichtinhalt abhängig von der Rechtsform und der Größenklasse des Unternehmens. Ohne entsprechend konzipierte Checklisten oder Musterformulierungen ist eine effiziente Erstellung schwerlich möglich (Gleiches gilt natürlich auch für die Prüfung des Anhangs). Durch das BilRUG ändern sich auch die Befreiungsvorschriften in § 288 HGB. So gibt es für kleine Kapitalgesellschaften einige neue Befreiungen (unter anderem hinsichtlich der Erläuterungen zum Anteilsbesitz oder zu den Pensionsrückstellungen) – es ist aber auch auf den Wegfall von Befreiungen zu achten (das heißt zusätzliche Angaben zu den sonstigen finanziellen Verpflichtungen und zur Beschäftigtenzahl). Unerfreulich für mittelgroße Kapitalgesellschaften ist, dass künftig alle mittelgroßen Gesellschaften (und nicht mehr nur wie bisher die Aktiengesellschaften) Angabepflichten zu den nicht zu marktüblichen Konditionen zustande gekommenen Geschäften mit bestimmten nahe stehenden Personen (insbesondere Gesellschafter, Beteiligungen, Organmitglieder) beachten müssen.
Fazit
„Der Anhang ist ein Dauerbrenner für die erstellenden Berater.“
Der Anhang ist ein Dauerbrenner für die erstellenden Berater und die Abschlussprüfer. Aufgrund des BilRUG gilt dies für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2016 in besonderem Maße. Erforderlich sind eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit den Änderungen und eine strukturierte Vorbereitung der Umsetzung. Der Berater und Prüfer muss in seiner Kanzlei Regeln einführen, die gewährleisten, dass bei der Auftragsabwicklung einschließlich der Berichterstattung die gesetzlichen Vorschriften und fachlichen Regeln beachtet werden – gerade beim Anhang 2016 ergeben sich hier gestiegene Anforderungen. Mustervorlagen und Checklisten sind wichtige Bausteine, um die Anforderungen auf effiziente Weise zu berücksichtigen und Haftungsrisiken zu vermeiden.
Gesetzliche Grundlage | Erläuterung | |
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Struktur des Anhangs | ||
Die zu den einzelnen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) vorgeschriebenen Angaben sind in der Reihenfolge der einzelnen Posten der Bilanz und der GuV darzustellen. | § 284 Abs. 1 S. 1 HGB | Gesetzlich vorgeschriebene Reihenfolge der Angaben (im Allgemeinen bereits bislang übliche Praxis) |
Erstanwendung BilRUG – Umsatzerlöse | ||
Bei erstmaliger Anwendung der §§ 267, 267a Abs. 1, 277 Abs. 1 HGB in der Fassung des BilRUG ist im Anhang auf die fehlende Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse hinzuweisen und unter nachrichtlicher Darstellung des Vorjahresbetrags, der sich nach dem BilRUG ergeben hätte, zu erläutern. | Art. 75 Abs. 2 S. 3 EGHGB | Hintergrund ist die Neudefinition der Umsatzerlöse nach § 277 Abs. 1 HGB (Ausweitung der hierunter zu subsumierenden Geschäftsvorfälle) |
Erläuterungen zu Bilanz und GuV/Haftungsverhältnisse und sonstige finanzielle Verpflichtungen | ||
Im Anhang ist jeweils eine Erläuterung des Zeitraums, über den ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird, anzugeben. | § 285 Nr. 13 HGB | Künftig in allen Fällen Angabe des Abschreibungszeitraums entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwerte |
Sofern in die Herstellungskosten Zinsen für Fremdkapital einbezogen worden sind: Angabe für jeden Posten des Anlagevermögens, welcher Betrag an Zinsen im Geschäftsjahr aktiviert worden ist. Bei in der Bilanz angesetzten latenten Steuerschulden: Angabe der latenten Steuerschulden am Ende des Geschäftsjahrs und der im Laufe des Geschäftsjahrs erfolgten Änderungen dieser Salden. |
§ 284 Abs. 3 S. 4 HGB § 285 Nr. 30 HGB |
Neue Angabe im Zusammenhang mit dem Anlagenspiegel Befreiung kleiner Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB) |
Für die in § 251 HGB bezeichneten Haftungsverhältnisse sind: Angaben zu nicht auf der Passivseite auszuweisenden Verbindlichkeiten und Haftungsverhältnissen im Anhang zu machen, dabei die Haftungsverhältnisse gesondert unter Angabe der gewährten Pfandrechte und sonstigen Sicherheiten anzugeben, Verpflichtungen betreffend Altersversorgung und Verpflichtungen, die gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen bestehen, jeweils gesondert anzugeben. |
§ 268 Abs. 7 HGB | Pflichtausweis der Angaben im Anhang, zudem neue Pflichtangaben (Altersversorgung und assoziierte Unternehmen) |
Im Anhang sind anzugeben: Art und Zweck sowie Risiken, Vorteile und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften, soweit die Risiken und Vorteile wesentlich sind und die Offenlegung für die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens erforderlich ist; |
§ 285 Nr. 3 HGB |
Ergänzung um finanzielle Auswirkungen Befreiung kleiner Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB) |
der Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz enthalten sind und die nicht nach § 268 Absatz 7 oder Nummer 3 anzugeben sind, sofern diese Angabe für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung ist; davon sind Verpflichtungen betreffend die Altersversorgung und Verpflichtungen gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen jeweils gesondert anzugeben. | § 285 Nr. 3 HGB | Ergänzung um Altersversorgung sowie assoziierte Unternehmen |
In Anhang sind anzugeben: das Bestehen von Genussscheinen, Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen, Optionsscheinen, Optionen, Besserungsscheinen und vergleichbaren Wertpapieren oder Rechten unter Angabe der Anzahl und der Rechte, die sie verbriefen. |
§ 285 Nr. 15a HGB | Verlagerung der bisherigen Angaben aus § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG in das HGB, damit für alle Rechtsformen relevant. Befreiung kleiner Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB) |
Angabe jeweils des Betrags und der Art der einzelnen Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind. | § 285 Nr. 31 HGB | Ausschließliche und erweiterte Angabe im Anhang (kein GuV-Ausweis mehr). Darstellung der einzelnen Posten erforderlich |
Erläuterung der einzelnen Erträge und Aufwendungen hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art, die einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind. | § 285 Nr. 32 HGB | Verlagerung des bisherigen § 277 Abs. 4 S. 3 HGB a.F.; Befreiung für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 und 2 HGB) |
Ergebnisverwendungsvorschlag | ||
Angabe des Ergebnisverwendungsvorschlags oder – sofern dieser zum Aufstellungszeitpunkt schon vorliegt – des Ergebnisverwendungsbeschlusses. | § 285 Nr. 34 HGB | Befreiung für kleine Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB) |
Nachtragsbericht | ||
Angabe der Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahrs eingetreten und weder in der Gewinn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind, unter Angabe ihrer Art und ihrer finanziellen Auswirkungen. | § 285 Nr. 33 HGB |
Verlagerung der Angabe aus dem Lagebericht in den Anhang (jetzt mit expliziter Angabe von Art und finanzieller Auswirkung) Befreiung kleiner Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB) |
Foto: David Arky / Getty Images
Praxistipp
Die Erstellung des ersten BilRUG-Abschlusses erfordert einen strukturierten Fahrplan. Neben den Kernthemen der neuen Größenklassen und der erweiterten Definition der Umsatzerlöse steht der Anhang im Fokus. Ein Fortschreiben der Vorjahresdatei ist nicht ausreichend beziehungsweise wäre ineffizient. Wichtig und hilfreich sind der Einsatz von Checklisten sowie die Verwendung von Vorlagen mit Musterformulierungen.
MEHR DAZU
finden Sie unter Kompaktwissen für Berater:
Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG), Print Art.-Nr. 36627
Weitere Informationen unter www.datev.de/bilrug
Mit der DVD 10.1 (Januar 2017), also rechtzeitig zum Start der Jahresabschlusssaison 2016, steht Anwendern von Bilanzbericht, Abschlussprüfung und Kanzlei-Rechnungswesen eine Dokumentvorlage für einen Anhang nach BilRUG zur Verfügung. Auch die Dokumentvorlagen für Erstellungsberichte nach BStBK 4/2010 beziehungsweise IDW S7 werden zum gleichen Zeitpunkt an das BilRUG angepasst.
Kontakt:
Fragen zum Programm Bilanzbericht beantwortet der Programmservice Bilanzbericht
Telefon +49 911 319 34735
E-Mail: bilanzbericht@service.datev.de
Fragen zum Programm Abschlussprüfung beantwortet der Programmservice Abschlussprüfung
Telefon: +49 911 37891
E-Mail: abschlusspruefung@service.datev.de
Gern können Sie sich bei unserem Seminar „Sichere Umstellung der Berichtsschreibung mit Bilanzbericht/ Abschlussprüfung auf BilRUG“ über das Thema informieren (Art.-Nr. 73961).
Kontakt, Anmeldung und weitere Informationen unter Tel.: +49 911 319-40867
E-Mail: apveranstaltungen@service.datev.de