Ziel des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes ist, Kleinstunternehmen bei der Rechnungslegung und Offenlegung zu entlasten.
Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen in Deutschland etwa 500.000 Unternehmen jährlich von Kosteneinsparungen in Höhe von mindestens 36 Millionen Euro profitieren.
Rechtstechnisch knüpfen die Entlastungen des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG; LEXinform 0438269) an die neu ins Handelsgesetzbuch (HGB) eingeführte Unternehmenskategorie der sogenannten Kleinstkapitalgesellschaft an, die in § 267a HGB definiert und neben Kapital- auch haftungsbeschränkte Kleinst-Personenhandelsgesellschaften im Sinne von § 264a HGB erfasst. Danach liegt eine Kleinstkapitalgesellschaft vor, wenn eine kleine Kapitalgesellschaft an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale nicht überschreitet: (1) 350.000 Euro Bilanzsumme, (2) 700.000 Euro Umsatzerlöse und (3) zehn Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.
Die einzelnen Erleichterungen können auch selektiv genutzt werden (cherry picking).
Kleinstkapitalgesellschaften genießen zunächst alle Erleichterungen, die auch kleinen Kapitalgesellschaften eröffnet werden. So sind sie weder zur Aufstellung eines Lageberichts (§ 264 Abs. 1 Satz 4 HGB) noch zur Prüfung ihres Jahresabschlusses verpflichtet (§ 316 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ferner können Kleinstkapitalgesellschaften auf die Aufstellung eines Anhangs verzichten (§ 264 Abs. 1 Satz 5 HGB), wenn sie unter der Bilanz die Haftungsverhältnisse, Vorschüsse und Kredite an Organmitglieder und – bei Kleinstkapitalgesellschaften in der Rechtsform einer AG oder KGaA – den Bestand an eigenen Aktien angeben. Des Weiteren dürfen sie eine verkürzte Bilanz (Angabe jeweils nur der Posten mit den Buchstaben A bis E) und eine verkürzte GuV mit lediglich acht Posten aufstellen. Dabei können die einzelnen Erleichterungen auch selektiv genutzt werden (cherry picking).
Offenlegung
Da die Offenlegung der Rechnungslegung ein ungeliebtes Kind deutscher Unternehmen ist, steht im Zentrum des MicroBilG die Erleichterung, dass Kleinstkapitalgesellschaften auf die Offenlegung ihrer Rechnungslegung im Bundesanzeiger verzichten dürfen. Dies setzt voraus, dass sie ihre Bilanz in elektronischer Form beim Betreiber des Bundesanzeigers zur dauerhaften Hinterlegung einreichen und diesem einen Hinterlegungsauftrag erteilen (§ 326 Abs. 2 HGB). Interessierte können sich dann auf Antrag und gegen (geringe) Gebühr eine elektronische Kopie (nur) der Bilanz übermitteln lassen. Bei Lichte betrachtet, relativiert sich indes der Strauß an Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften erheblich, da beispielsweise § 288 Abs. 1 HGB bereits bislang kleine Kapitalgesellschaften von den meisten und nicht selten pikanten Anhangangaben ausnimmt (beispielsweise zu außerbilanziellen Geschäften oder zu Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen). Im Übrigen gehen die Aufstellungs- (und Offenlegungs-) erleichterungen verlustig, wenn die Kleinstkapitalgesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen werden muss; dies ist insbesondere denkbar, wenn mehrere Kleinstkapitalgesellschaften, die jeweils für sich unwesentlich sind, insgesamt wesentlich sind (§ 296 Abs. 2 HGB).
E-Bilanz
Dieser ernüchternde Befund gilt umso mehr, als die Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften im Handelsrecht durch die Entwicklungen bei der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens im Zuge der sogenannten E-Bilanz (§ 5b EStG) nahezu kassiert werden. So müssen alle Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln (in Deutschland sind dies mehr als 1,3 Millionen Unternehmen), für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2011 beginnen (dabei bestehen verschiedene Nichtbeanstandungs- und Übergangsregelungen), ihre Bilanz und GuV elektronisch an die Finanzbehörden übermitteln. Grund hierfür ist, dass bilanzierende Steuerpflichtige für Bilanz und GuV erstmals ein steuerliches Gliederungsschema, die sogenannte Steuertaxonomie, verordnet bekommen, die auf der Internetseite www.esteuer.de veröffentlicht und mit BMF-Schreiben vom 5. Juni 2012 (LEXinform 5234039) bekannt gemacht wurde. Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 hat das BMF das aktualisierte Datenschema der Taxonomien (Kern- und Branchentaxonomien) veröffentlicht, das auch unter www.esteuer.de zum Abruf bereit steht. Die Kritik an der E-Bilanz konzentriert sich zum einen auf den hohen Detaillierungsgrad der Steuertaxonomie, der spürbar über die handelsrechtlichen Vorschriften zur Gliederung von Bilanz und GuV (§§ 266, 275 HGB) hinausreicht. Unternehmen stehen deshalb vor der enormen Herausforderung, aus dem unternehmensindividuellen Kontenplan die E-Bilanz nach Maßgabe der Steuertaxonomie zu erstellen. Zum anderen enthält die Steuertaxonomie – mit Ausnahme von Härtefallregelungen – keine Erleichterungen in Abhängigkeit der Größe eines Unternehmens. Den berechtigten Stimmen, die im Zuge des MicroBilG einen Gleichlauf von handels- und steuerrechtlichen Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften angeregt hatten (vgl. nur Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer vom 3. September 2012 zum Referentenentwurf (RegE) MicroBilG, S. 4), hatte der Gesetzgeber des MicroBilG indes bewusst eine Absage erteilt (vgl. RegE MicroBilG vom 19. September 2012, S. 19). „Mithin wird die vermeintliche Entlastung von Kleinstkapitalgesellschaften durch die Einführung der E-Bilanz und dem damit verbundenen XBRL-Reporting faktisch aufgehoben und gleichsam in der praktischen Anwendung ad absurdum geführt“ (Haller/Groß, DB 2012, S. 2413).
Nachdem der deutsche Gesetzgeber mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) bereits bestimmte Einzelkaufleute von Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten befreit hat (§ 241a HGB), wollte das MicroBilG Kleinstkapitalgesellschaften neuerlich von Pflichten bei der Rechnungslegung und Offenlegung entlasten. Mit der klaren Absage an korrespondierende Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften bei der sogenannten E-Bilanz ist die wohlgemeinte Entlastung durch das MicroBilG indes steuerlich zunichtegemacht worden.
Fazit
Am Ende reduziert sich diese auf die Erleichterung bei der Offenlegung ihrer Rechnungslegung (Hinterlegungsbekanntmachung).
Immerhin mag es ein Trost sein, dass im Zuge des MicroBilG auch die in der Praxis äußerst bedeutsamen Befreiungsvorschriften der §§ 264 Abs. 3, 264b HGB (gemeinschaftsrechtskonform) geändert wurden (vgl. hierzu Ischebeck/Oser, B 110, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung). So können für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2012 beginnen, nunmehr auch ausländische Mutterunternehmen für inländische Kapital- und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften Erleichterungen bei der Aufstellung, Prüfung und/oder Offenlegung ihrer Rechnungslegung vermitteln.
MEHR DAZU
Mehr DAZU
Weitere Informationen zu MicroBilG erhalten Sie unter
www.datev.de/microbilg.
Weitere Informationen zur E-Bilanz, beispielsweise zum DATEV-Schulungsangebot, erhalten Sie unter www.datev.de/ebilanz.
Eine thematisch geordnete Auflistung der Dokumente zur E-Bilanz finden Sie auf der Info-Datenbank. „E-Bilanz: Elektronische Übermittlung der Abschlussdaten an die Finanzverwaltung“ (Dok.-Nr. 1021839).