Umsatzsteuer - 28. Juni 2024

Befreiung reduziert

Gemäß dem Zukunftsfinanzierungsgesetz ist die Verwaltung sämtlicher Fonds seit dem 1. Januar 2024 steuerfrei. Zwar ist diese Harmonisierung zu begrüßen, eine Befreiung für die Verwaltung sogenannter offener Konsortialkredite unterblieb jedoch.

Während der Gesetzentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz noch die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung sämtlicher Alternativen Investmentfonds (AIF) sowie bei offenen Konsortialkrediten für die von der konsortialführenden Bank erbrachten Verwaltungsleistungen an die anderen Banken vorsah, hat der Bundestag am 17. November 2023 lediglich die Umsatzsteuerbefreiung zugunsten der Fondsbranche beschlossen.

Von der Umsatzsteuer befreit

Mit Wirkung zum 1. Januar 2024 ist nach § 4 Nr. 8 Buchst. h Umsatzsteuergesetz (UStG) die Verwaltung sämtlicher AIF im Sinne des § 1 Abs. 3 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) umsatzsteuerfrei. Danach ist fortan auch die Verwaltung von Private-Equity-, Kredit-, Immobilien-, Infrastruktur- sowie Krypto- und Dachfonds umsatzsteuerfrei. Denn bislang beschränkte sich die Umsatzsteuerbefreiung in Bezug auf die Verwaltung von AIF auf solche, die mit einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) vergleichbar waren, und wurde ab dem 1. Juli 2022 auf Wagniskapitalfonds (sogenannte Venture Capital Fonds) ausgeweitet. Neben der Asset-Klasse des Fonds ist die Umsatzsteuerbefreiung fortan auch unabhängig von der Art der Regulierung des Fonds und der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) sowie der Qualifikation der Anlegerinnen und Anleger.

Auswirkungen auf die Branche

Aus Sicht der Fondsbranche ist diese Harmonisierung des UStG begrüßenswert, weil dadurch der bislang bestehende Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Fondsstandorten innerhalb der Europäischen Union (EU), insbesondere in Luxemburg und Irland, wegfällt. Zudem wird der Dokumentationsaufwand gemindert, indem die Vergleichbarkeitsprüfung mit einem OGAW überflüssig wird. Insbesondere wirkt sich der Wechsel von einer umsatzsteuerpflichtigen zu einer umsatzsteuerfreien Verwaltungsleistung auf die Ausgangsund Eingangsleistungen einer KVG aus.

Umsatzsteuerfreie Ausgangsleistungen

Für die Anwendung der umsatzsteuerfreien Verwaltungsleistungen ist der Zeitpunkt des Leistungsbezugs maßgeblich, da eine KVG in der Regel nach vereinbartem Entgelt besteuert wird. In diesen Fällen ist der Zahlungszeitpunkt nicht relevant. In den Rechnungen mit Leistungsbezug ab dem 1. Januar 2024 ist daher auf die Umsatzsteuerbefreiung hinzuweisen. Dabei sollte eine einfache Formulierung wie etwa „Verwaltung eines alternativen Investmentfonds“ bereits ausreichen. Nach Verwaltungsauffassung ist die Angabe der Steuerbefreiungsvorschrift oder der Regelung aus der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht zwingend erforderlich. Sofern fälschlicherweise doch noch Rechnungen mit Umsatzsteuer abgerechnet werden, liegt ein unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG vor. In diesem Fall schuldet der Rechnungssteller die ausgewiesene Umsatzsteuer. Der Aussteller kann die Rechnung entsprechend nach § 17 Abs. 1 UStG berichtigen. Für Anleger und Fondsmanager sollte die Umsatzsteuerbefreiung vorteilhaft sein. Denn mit der KVG sollten in der Regel Nettopreisvereinbarungen vereinbart sein, bei denen die Verwaltungsgebühr zuzüglich der Umsatzsteuer zu zahlen ist. Mit Wirkung zum 1. Januar 2024 ist die Umsatzsteuer somit nicht mehr zu zahlen. Diese führte beim Fonds zu einer tatsächlichen Kostenbelastung, da die Anleger in der Regel mangels Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die dadurch sinkenden Verwaltungskosten haben einen positiven Einfluss auf die Rendite der Anleger und in Bezug auf Fondsmanager beziehungsweise Initiatoren auf die zu erreichende Mindestverzinsung (sogenannte Hurdle Rate) sowie die disproportionale Gewinnbeteiligung (sogenannter Carried Interest). Für die in der Praxis eher seltenen Fälle einer Bruttopreisvereinbarung, bei der die Verwaltungsgebühr einschließlich der Umsatzsteuer zu zahlen ist, bleibt die Kostenbelastung des Fonds unverändert.

Kein Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen

Die fortan umsatzsteuerfreien Verwaltungsleistungen führen dazu, dass nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG einer KVG insoweit der Vorsteuerabzug in Bezug auf die Eingangsleistungen, etwa für Reisekosten oder eigene Beraterkosten, versagt ist. Aus wirtschaftlicher Perspektive führt dies bei einer KVG grundsätzlich zu einer tatsächlichen Kostenbelastung. Um diesen Effekt abzufedern, sollten sämtliche Verträge mit Fonds und Dienstleistern auf etwaige Preisanpassungsklauseln oder die Anwendung gesetzlicher Ausgleichsansprüche geprüft werden. Zudem hat eine KVG für angeschaffte Wirtschaftsgüter, die nicht nur zur einmaligen Ausführung von Umsätzen verwendet werden, wie zum Beispiel Pkw oder Immobilien, und deren erstmalige Verwendung nicht mehr als fünf Jahre beziehungsweise bei Immobilien zehn Jahre zurückliegt, eine anteilige Vorsteuerberichtigung im Sinne des § 15a UStG vorzunehmen.

Vorsteuerschaden des Vermieters

Der Wechsel von umsatzsteuerpflichtigen zu umsatzsteuerfreien Ausgangsleistungen wirkt sich auch auf bestehende Mietverträge aus, wenn der Vermieter im Mietvertrag zur Umsatzsteuer optiert hat. Denn bei Gebäuden, die ab dem 11. November 1993 errichtet wurden, ist die Option zur Umsatzsteuer nur insoweit zulässig, wie der Mieter die Mietfläche für umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze nutzt. Falls der Mieter die Mietfläche sowohl für umsatzsteuerpflichtige als auch für umsatzsteuerfreie Ausgangsleistungen verwendet, hat dieser einen Optionsschlüssel grundsätzlich auf Basis der Nutzfläche zu ermitteln. Die nun umsatzsteuerfreien Verwaltungsleistungen für sämtliche AIF führen dazu, dass eine KVG einen größeren Anteil der Mietfläche für schädliche Ausgangsleistungen nutzt, sodass der Optionsschlüssel des Vermieters sinkt. Der Vermieter muss insoweit seine in Abzug gebrachten Vorsteuerbeträge im Sinne von § 15a UStG berichtigen, wenn die Vereinfachungsregelungen nach § 44 Abs. 1 und 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) nicht greifen. Vor diesem Hintergrund sollte der Mietvertrag durch die KVG sowie den Vermieter zu etwaigen Schadenersatzregelungen geprüft werden. Marktübliche Mietverträge sehen für einen solchen Fall vor, dass der Mieter den Vermieter über eine schädliche Nutzung durch eine umsatzsteuerfreie Ausgangsleistung informieren muss und die Vorsteuerschäden des Vermieters ersetzt, die ihm durch die schädlichen Ausgangsumsätze des Mieters entstehen.

Ausgleichsanspruch

Nach § 29 Abs. 1 S. 1 UStG haben die KVG als Leistender sowie die Anleger als Leistungsempfänger einen Ausgleichsanspruch in voller Höhe der umsatzsteuerlichen Mehr- und Minderbelastung, wenn der Vertrag vor September 2023 abgeschlossen wurde. Der Anspruch kann jedoch vertraglich ausgeschlossen werden. Im ersten Schritt sollte daher geprüft werden, ob eine solche vorrangig anzuwendende Ausschlussklausel vereinbart wurde. Ob bereits vertraglich vereinbarte Netto- oder Bruttopreisvereinbarungen die Anwendung des § 29 UStG vollumfänglich ausschließen, sollte jeweils genau geprüft werden. Dafür hätten die Parteien bei Vertragsschluss beabsichtigen müssen, dass die Vereinbarung auch den Fall einer Umsatzsteuerbefreiung umfasst. Zudem können allgemeine Vertragsklauseln, wie etwa Deminimis- Regelungen oder Spannungsklauseln, den Ausgleichsanspruch der Höhe nach beschränken. Im zweiten Schritt, falls § 29 UStG vertraglich nicht ausgeschlossen wurde, ist die umsatzsteuerliche Mehr- oder Minderbelastung zu ermitteln. Dafür sollte die KVG als Leistender einen Belastungsvergleich durchführen. Dabei sollten alle umsatzsteuerlichen Belastungen einschließlich etwaiger Folgeänderungen, wie die Berechtigung zum Vorsteuerabzug sowie deren Berichtigung im Sinne des § 15a UStG, vor und nach Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung gegenübergestellt werden. Durch den Wegfall der abzuführenden Umsatzsteuer bei der KVG sollte grundsätzlich der Ausgleich darin bestehen, dass die KVG die daraus resultierende umsatzsteuerliche Minderbelastung an den Fonds weitergibt. Eine Mehrbelastung könnte vorliegen, wenn die gegenläufigen Folgeänderungen die Minderung aus dem Wegfall der Umsatzsteuer übersteigen.

Keine Umsatzsteuerbefreiung

In der vom Finanzausschuss veröffentlichten Beschlussempfehlung und dem Bericht zum Gesetzentwurf vom 15.November 2023 (BT-Drucks. 20/9363) wurde die vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltungsleistungen der konsortialführenden Bank bei offenen Konsortialkrediten gestrichen. In der Folge wurde die Chance verpasst, insoweit die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in nationales Gesetz umzusetzen. Aus dem am 15. November 2023 veröffentlichten Bericht des Haushaltsausschusses (BT-Drucks. 20/9367) sowie der Beschlussempfehlung und dem Bericht zum Gesetzentwurf vom 15. November 2023 (BT-Drucks. 20/9363) geht hervor, dass aufgrund der angespannten Haushaltslage auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet wurde. Die mit der Streichung verbundenen finanziellen Spielräume in Höhe von 100 Millionen Euro wurden genutzt, um einen Teil der Mehrausgaben infolge der Erhöhung der Arbeitnehmersparzulage zu finanzieren. Die nicht eingeführte Umsatzsteuerbefreiung für Kreditgeber in Bezug auf die Verwaltung von Krediten sowie die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze führt dazu, dass – anders als in anderen EU-Staaten – inländische Verwaltungsleistungen des Konsortialführers an die anderen Konsortialbanken bei offenen Konsortialkrediten wie bislang umsatzsteuerpflichtige Ausgangsleistungen sind. In den Fällen, in denen der Kreditgeber die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten selbst an den Kreditnehmer erbringt, sollten diese Leistungen als Nebenleistungen zur Darlehensgewährung umsatzsteuerfrei sein.

Fazit

Die umsatzsteuerfreie Verwaltung sämtlicher AIF wirkt sich auf die Ausgangs- und Eingangsleistungen einer KVG aus. In den Rechnungen über die Verwaltungsleistungen einer KVG an einen AIF mit Leistungsbezug ab dem 1. Januar 2024 ist auf die Umsatzsteuerbefreiung hinzuweisen. In Bezug auf die Eingangsleistungen verliert eine KVG insoweit den Anspruch auf Vorsteuerabzug und muss unter Umständen für bestehende Berichtigungsobjekte im Sinne des § 15a UStG eine Vorsteuerberichtigung vornehmen. Bei umsatzsteuerpflichtiger Vermietung an eine KVG kann dem Vermieter ein Vorsteuerschaden entstehen. Daher ist es empfehlenswert, dass eine KVG sowie die Vertragspartner sämtliche Verträge in Bezug auf Preisanpassungsklauseln, Schadenersatzvereinbarungen sowie gesetzliche Ausgleichsansprüche prüfen. Insbesondere sollten eine KVG und die Anleger des AIF in Bezug auf die Weitergabe der umsatzsteuerlichen Minder- oder Mehrbelastung die Anwendung des Ausgleichsanspruchs nach § 29 UStG prüfen.

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Zu den Autoren

LC
Lukas Conrady

Tax Professional bei der Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer in München

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RN
Prof. Dr. René Neubert

Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Mazars in München

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