Produktentwicklung - 26. September 2024

Seite an Seite für Feld und Flur

Die Land- und Forstwirtschaft stellt an Steuerberater jede Menge spezielle Anforderungen. Um diesen gerecht zu werden, entwickelt DATEV im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft gemeinsam mit spezialisierten Kanzleien Lösungen für diese Branche.

In Deutschland sind 255.000 landwirtschaftliche Betriebe niedergelassen. Sie bewirtschaften etwa die Hälfte der Fläche der Bundesrepublik Deutschland, um genau zu sein rund 16,6 Millionen Hektar. Eine Zahl, so groß, dass selbst der stets beliebte Vergleich mit Fußballfeldern albern wäre (Für jene, die es trotzdem unbedingt wissen möchten: Diese Fläche entspricht etwas mehr als 23,7 Millionen Fußballfeldern). Die Land- und Forstwirtinnen und -wirte dieser Nation ackern im wahrsten Sinne des Wortes unermüdlich – und sie müssen auf etliche Sonderregelungen für ihr Metier achten. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) publiziert regelmäßig eine Broschüre namens „Wichtige steuerliche Regelungen für die Land- und Forstwirtschaft“. Sie umspannt aktuell 19 Seiten und befasst sich unter anderem mit spezifischen Anforderungen hinsichtlich der Einkommensteuer, Lohnsteuer, Körperschaftsteuer, der Gewerbe- und der Umsatzsteuer sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Kurzum: Die Land- und Forstwirtschaft, gerne auch einfach nur LuF genannt, ist ein steuerrechtlich kompliziertes Gewerbe, und selbst das ist falsch – denn ein Gewerbe ist sie ausdrücklich nicht. Sie ist also eine komplizierte Branche, auf die sich verhältnismäßig wenige Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland einlassen.
In Zahlen ausgedrückt sieht das so aus: Das Dutzend der größten auf Land- und Forstwirtschaft spezialisierten Steuerberatungsgesellschaften führt 80 Prozent aller entsprechenden Betriebe in Deutschland in seinen Mandantenregistern. Sie alle und noch viele kleinere Kanzleien kämpfen sich durch die spezifischen und mitunter komplexen Anforderungen an ihre Mandanten, die spezielle Anforderungen an eine entsprechende Software stellen.

Eine Lösung für alles

Viele Jahre lang hat die Treukontax Steuerberatungsgesellschaft eine solche Software inhouse entwickelt. Die Treukontax beschäftigt 1.700 Mitarbeiter an 72 Standorten – vor allem in Bayern, aber auch in Thüringen und Sachsen. Pro Jahr setzt die Gesellschaft rund 125 Millionen Euro um, den Großteil davon mit Mandanten aus der Land- und Forstwirtschaft. 2020 konkretisierten sich Gedanken, das hauseigene Buchhaltungsprogramm durch einen externen Anbieter abzulösen. „Wir verwenden bei unserem Programm eine alte Programmiersprache, für die man heute kaum noch Entwickler findet. Zudem werden uns altersbedingt einige Entwickler verlassen. Dadurch haben wir uns extern nach einer Lösung umgeschaut. Als die Anforderungen von außen wie die durch den Gesetzgeber plus die Herausforderungen durch Digitalisierung und Automatisierung hinzukamen, war klar, dass wir diesen Schritt gehen“, blickt Sven Keller zurück. Sven Keller ist einer von zwei Geschäftsführern bei Treukontax und als solcher unter anderem für die strategische Ausrichtung und Entwicklung der Gesellschaft verantwortlich. Für ihn und sein Team war klar, dass man künftig auf ein Einheitsprogramm setzen wolle. „Buchführung und Jahresabschluss liefen bis dato in unserem eigenen Programm, die Steuerdeklaration über einen Fremdanbieter. Das alles wollten wir vereinen in einem Programm. So kamen wir – auch aufgrund unserer Größe und der damit verbundenen Herausforderungen bei einer Programmumstellung – auf DATEV.“
Bei DATEV trat Treukontax quasi als Neukunde auf. Sven Keller und seine Kollegen erstellten ein Anforderungspaket an eine vollumfängliche Lösung und wandten sich damit an die Genossenschaft. DATEV hatte zu dem Zeitpunkt bereits ein Branchenpaket Land- und Forstwirtschaft im Portfolio, die Anforderungen von Treukontax gingen aber darüber hinaus. Bei DATEV landete die Anfrage unter anderem bei Mario Stoll, der im Außendienst Key Accounts betreut. „Wir haben uns das Anforderungspaket der Treukontax angeschaut und mit dem Außendienst, dem Anforderungsmanagement sowie der Entwicklung durchgesprochen. Unsere Quintessenz lautete: Wir können diese Anforderungen umsetzen, allerdings nicht für einen einzelnen Kunden. Wenn uns signalisiert wird, dass ein Großteil der Branche hinter diesen Anforderungen steht, beschäftigen wir uns damit und setzen die Anforderungen um“, erinnert sich Mario Stoll.

Aus den Anforderungen wurden Arbeitspakete

Da ein Großteil der Branche von einer überschaubaren Anzahl an Kanzleien betreut wird und diese Kanzleien zudem gut miteinander vernetzt sind, dauerte es nicht lange, bis sich 16 Steuerberatungsgesellschaften zusammenfanden, die hinter den Anforderungspaketen stehen und DATEV das Signal gaben, ein entsprechend ausgebautes Branchenpaket künftig nutzen zu wollen. „Wir haben anschließend eine User Journey erstellt und in einem gemeinsamen Kick-off, an dem auch unser Chief Technology Officer Prof. Dr. Christian Bär gemeinsam mit Stefan Meisel, Leiter des Anforderungsmanagements und Initiator dieses Business Case, teilgenommen hat, die Arbeitspakete definiert“, berichtet Mario Stoll von der Geburtsstunde der sogenannten Entwicklungspartnerschaften.
Bei dieser Entwicklungspartnerschaft geht es um Grundsätzliches und nicht um Details. „Wir diskutieren nicht darüber, ob der Button links oben oder rechts unten hinkommt, sondern wollen über Prozesse sprechen und erreichen, dass diese von DATEV genauso effizient umgesetzt werden wie im Gewerbe“, erzählt Sebastian Auburger. Er ist Abteilungsleiter Unternehmens- und Kanzleientwicklung bei Treukontax und leitet das Projekt zur Umstellung auf DATEV. „In den definierten Arbeitspaketen geht es um die LuF-spezifische Übernahme von digitalen Lieferantenrechnungen in die Finanzbuchhaltung, eine einheitliche Kollaborationsplattform mit den Mandanten, die Anbindung nachgelagerter, kanzleiinterner Systeme zum Export der Finanzbuchhaltungsdaten, ein komfortables Handling bei Bestandsveränderung im Bereich der Natural- beziehungsweise Mengenbuchführung sowie um die Abbildung der wichtigsten landwirtschaftlichen Besonderheiten im Bereich Steuern“, so Sebastian Auburger. Für ihn hat der Wechsel zu DATEV einen weiteren Vorteil: „Wir können unsere Schnittstellen unserer bisherigen Inhouse-Lösung für die Datenmigration so programmieren, wie DATEV sie braucht. Das ist ein ganz, ganz großer strategischer Vorteil, der den Umstieg auf DATEV unheimlich erleichtert.“
Dennoch stehen Treukontax die für jedes Change-Projekt typischen Herausforderungen ins Haus: Mandanten müssen informiert, Mitarbeiter überzeugt und geschult und die komplette IT-Infrastruktur umgebaut werden. Und all das muss neben dem komplexer werdenden Tagesgeschäft geschehen. „Das ist ein Batzen Arbeit, der auf uns wartet – und in gewisser Weise auch ein großer Vertrauensvorschuss, den wir DATEV schenken. Wir sind darauf angewiesen, dass die definierten Arbeitspakete inhaltlich und zeitlich so umgesetzt werden, wie wir es besprochen haben“, sagt Sven Keller. Das ist die Übereinkunft der Entwicklungspartnerschaft: „DATEV verpflichtet sich, die besprochenen Dinge umzusetzen. Dafür nehmen sich die Kanzleien die Zeit, den Entwicklungsfortschritt zu begleiten, regelmäßig an Reviews teilzunehmen und Feedback zu geben“, erklärt DATEV-Mitarbeiter Mario Stoll.

Die Größe macht keinen Unterschied

Aus den ursprünglich 16 Entwicklungspartnern sind mittlerweile 21 geworden. Hinzugekommen ist beispielsweise die Kanzlei Dr. Mihm und Fahje. Sie hat ihren Sitz dort, wo viele Menschen gerne Urlaub machen – in unmittelbarer Nähe zur Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern. Dort gibt es nicht nur viel Tourismus, sondern auch viel Landwirtschaft. Die 1992 gegründete Kanzlei bezieht knapp die Hälfte ihrer Mandate aus dieser Branche. „Dabei fokussieren wir uns auf sehr groß strukturierte Landwirtschaftsbetriebe in den neuen Bundesländern mit durchschnittlich 1.500 Hektar bewirtschafteter Fläche“, erzählt Geschäftsführer Tim Fahje.
Die Kanzlei nutzt bereits seit vielen Jahren DATEV. Für die zahlreichen Selbstbucher steht ein anderes Programm zur Verfügung. „Diese Software ist ein sehr einfach gestricktes Programm in der gesamten Handhabung und dadurch natürlich etwas eingeschränkt in der Funktionalität. Diese Einfachheit hat aber auch Vorteile, weil sie es für Mandanten leicht macht, das Programm zu nutzen. DATEV ist wesentlich komplexer und deshalb schwieriger im Handling. Zudem fallen bei DATEV Branchenpakete bei Neuentwicklungen gefühlt erst mal hinten runter und werden erst im zweiten Schritt weiterentwickelt. Da für uns die Landwirtschaft das Hauptgeschäft ist, werden wir manchmal etwas ausgebremst. Das war ein Argument für uns, der Entwicklungspartnerschaft beizutreten“, so Tim Fahje.
Sandra Bergunde ist Steuerberaterin und Partnerin bei Dr. Mihm und Fahje, zudem erstellt sie selbst Abschlüsse. Daher arbeitet sie häufig mit dem Branchenpaket Land- und Forstwirtschaft von DATEV: „Wir nutzen das Branchenpaket sehr intensiv. Wir buchen das nicht wie jeden anderen Kontenrahmen, sondern wir denken in Textschlüsseln und Mengen – so, wie es DATEV vorschlägt. Wir sind also der Anwender, den DATEV sich wünscht, weshalb unsere Meinung DATEV wichtig ist.“ Es war folglich eine Win-win-Situation für beide Seiten, dass sich die Kanzlei aus Raben Steinfeld bei Schwerin der Entwicklungspartnerschaft angeschlossen hat – obwohl sie mit 50 Mitarbeitern kleiner ist als die meisten anderen teilnehmenden Steuerberatungsgesellschaften. „Die Probleme und Herausforderungen sind bei allen Kanzleien größenunabhängig die gleichen – nur mitunter in anderen Dimensionen. Deshalb haben wir uns als im Vergleich zu einigen anderen Kanzleien kleinere Gesellschaft nicht hintenangestellt gefühlt. Ganz im Gegenteil sind wir froh darüber, dass sich viele der großen Gesellschaften dazu entschlossen haben, ihre Inhouse-Programme mit DATEV abzulösen. Dadurch hat DATEV erkannt, dass LuF ein großes und attraktives Feld ist, das man nicht nebenherlaufen lassen sollte, und so kommt mehr Geschwindigkeit in die Weiterentwicklung des Branchenpakets“, berichtet Sandra Bergunde.
Der enge Austausch im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft hat laut Sandra Bergunde einen weiteren Vorteil: „Wir lernen DATEV besser zu verstehen und erkennen, warum DATEV manche Dinge macht und andere nicht. Durch die Entwicklungspartnerschaften ist ein ganz anderes, positiveres und verständnisvolleres Miteinander entstanden.“ Tim Fahje blickt derweil auf die praktische Umsetzung im Rahmen der Entwicklungspartnerschaft: „Ich muss nicht jeden Entwicklungsschritt mitbekommen. Die bisherige Art des Einbezugs ist vollkommen okay. Uns wird gezeigt, wie DATEV die Entwicklung plant. Anschließend stellt DATEV uns einzelne Entwicklungsschritte vor, zu denen wir unser Feedback geben können, das auch gehört und bedacht wird. Dabei geht es in erster Linie um Prozesse und einzelne Prozessschritte, aber teilweise auch um Visuelles. Es freut uns sehr, dass DATEV unsere Anforderungen aufnimmt und umsetzt.“
Auch DATEV ist mit dem bisherigen Verlauf der Entwicklungspartnerschaft zufrieden. „Unser Ansatz ist natürlich ein Stück weit zeit- und arbeitsaufwändig und lässt sich sicherlich nicht für jede Branche umsetzen. Wir lernen sehr viel von unseren Mitgliedern, das gegenseitige Verständnis ist enorm gewachsen und wir erhalten viel positives Feedback. Und das ist das Wichtigste: Die beteiligten Kanzleien sind von der Zusammenarbeit begeistert“, so Mario Stoll.

MEHR DAZU

finden Sie unter www.datev.de/landwirtschaft

Dort erhalten Sie Informationen zu den DATEV-Lösungen für die Land- und Forstwirtschaft, die Sie bei der branchengerechten Beratung von Mandantinnen und Mandanten unterstützen.

Präsenzseminar mit Übung „Buchführung für Land- und Forstwirtschaft in DATEV mit dem Kontenrahmen SKR14“

Online-Seminar mit Übung „Land- und Forstwirtschaft: Jahresabschluss nach BMEL mit DATEV Kanzlei-Rechnungswesen“

Online-Seminar mit Übung „Buchführung für Land- und Forstwirtschaft in DATEV mit dem Kontenrahmen SKR14“

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TG
Thomas Günther

Redaktion DATEV magazin

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